Die Masterclass
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von Jérôme Koechlin

Head of Communications and Secretary of the Executive Committee at REYL & Cie

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In der modernen Welt geht es bei der Führung darum, Kolleginnen und Kollegen dazu zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen, ihre Meinung zu äussern und ihren Einfluss im Unternehmen auszubauen. In Zeiten des Wandels ist Einfühlungsvermögen gegenüber anderen unerlässlich, um ihre Bedürfnisse zu erkennen und sie so gut wie möglich zu unterstützen. 

Der Begriff „Empathie“ wurde 1883 von dem deutschen Philosophen Robert Vischer geprägt, um die Art der Beziehung zu bezeichnen, die ein Subjekt zu einem Kunstwerk hat, um dessen Bedeutung zu erfassen. Sigmund Freud benutzte ihn dann, um über die emotionale Dimension zu sprechen, die den Mechanismus kennzeichnet, nach dem der körperliche Ausdruck eines Individuums auf mimetische Weise denselben emotionalen Zustand in einem anderen Individuum auslöst (Zuhören, Aufmerksamkeit, Vertrauen). 

Empathie bedeutet, sich in den anderen hineinzuversetzen und durch aktives Zuhören, Aufmerksamkeit und offene Fragen wahrzunehmen, was er fühlt. Das erfordert sowohl Demut als auch Entschlossenheit.

Durkheims Beitrag 

1933 entwickelte der französische Soziologe Emile Durkheim das Konzept der „sozialen Solidarität“, um die Notwendigkeit des Zusammenhalts zwischen Individuen innerhalb einer Gesellschaft oder eines Unternehmens zu definieren, um die soziale Ordnung und Stabilität zu gewährleisten. Soziale Solidarität bezieht sich also nicht nur auf die kollektive Verantwortung für die Förderung des Wohlergehens innerhalb einer Gruppe, sondern auch auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen der Bürger:innen und Kolleg:innen durch eine Regierung oder Unternehmensleitung. In Zeiten der Anomie – nach Durkheim eine Zeit der Krise, des Werte- und Orientierungsverlusts – ist die Praxis der Empathie sowohl notwendig als auch willkommen, um Verwerfungen, Angst und Chaos zu vermeiden. 

Empathie bedeutet, sich in den anderen hineinzuversetzen und durch aktives Zuhören, Aufmerksamkeit und offene Fragen wahrzunehmen, was er fühlt. Das erfordert sowohl Demut als auch Entschlossenheit. Eine aktuelle Studie in der Harvard Business Review (Februar 2022), die auf Durkheims Theorien basiert, berichtet über die vier Regeln der Empathie, die zur Entwicklung von Solidarität und einer harmonischeren Unternehmenskultur eingesetzt werden. 

Die vier Regeln der Empathie 

  • Akzeptiere, dass du nicht alles weisst. Es ist schwierig, über unsere eigenen Interessen hinauszuschauen, wenn wir Vorurteile und vorgefasste Meinungen über andere haben. Wir sind es gewohnt, mit anderen auf der Grundlage unserer eigenen Muster und unseres Wissens zu interagieren, indem wir ausdrücken, was wir mit ihnen zu teilen glauben. Deshalb ist es wichtig, zuzuhören, zu beobachten, zurückzutreten und aus einer anderen Perspektive zu lernen.  
  • Akzeptiere den radikalen Unterschied. Bei Empathie geht es nicht darum zu sagen „Ich bin wie du“, sondern darum, Widerspruch, Reibung und Konflikte zu akzeptieren. Es kann tief sitzende Unterschiede zwischen Kolleginnen und Kollegen geben, aber auch innerhalb einer Familie oder mit den eigenen Freunden. Bei der Empathie geht es nicht darum, die Unterschiede zu beseitigen, sondern sie zu integrieren und zu erforschen, um die besten Lösungen zu finden.
  • Engagement entwickeln. Empathie bedeutet, dass du dich verpflichtest, zuzuhören, zu verstehen und die Probleme und Anliegen anderer zu erkennen, ohne Vorurteile oder Gleichgültigkeit. Du musst bereit sein, Feedback zu geben, um deine Kolleg:innen zu stärken und ihnen mehr Autonomie zu geben. Es ist vor allem eine Frage des Respekts, sowohl des individuellen als auch des gesellschaftlichen Respekts, die Kollegen auf konstruktive und positive Weise zu unterstützen.  
  • Fördern Sie das Gemeinschaftsgefühl. Empathie ist kein reiner Altruismus; sie ermöglicht es sowohl dir als auch deinen Kollegen, zu glänzen. Wenn dein Standpunkt gehört, berücksichtigt und angesprochen wurde, hast du den Vorteil, dich als Teil einer Gruppe zu fühlen, die über dich hinausgeht und die Gemeinschaft stärkt.

Es liegt an uns als Einzelpersonen, Empathie zu üben, indem wir uns auf Gespräche mit Kolleg:innen einlassen, die wir noch nicht kennen, und vertrauensvolle Beziehungen fördern. Die Entwicklung von Empathie in einem Unternehmen erfordert sicherlich Energie, gibt aber vor allem hundertfach zurück und trägt zum Aufbau einer gesunden, innovativen, dynamischen und motivierenden Unternehmenskultur bei! 
 

Über den Autor

Jérôme Koechlin ist Leiter der Kommunikationsabteilung und Sekretär des Exekutivausschusses von REYL & Cie. Er begann seine Karriere 1989 als Journalist und Kriegsberichterstatter, dann als Protokollchef des Staates Genf. Von 2003 bis 2018 bekleidete er verantwortungsvolle Positionen im Bankensektor, in der Kommunikation und im Management, bei Lombard Odier Darier Hentsch & Cie, UBP und Edmond de Rothschild. Er hat zahlreiche Initiativen in der strategischen, institutionellen, Medien- und Krisenkommunikation entwickelt und geleitet.

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