Eine Möglichkeit, die Funktionsweise von Finanzinstrumenten zu verstehen, ist zu begreifen, warum sie überhaupt geschaffen wurden. Dazu musst du wie ein Unternehmer und nicht wie ein Investor denken.
Wir neigen dazu das zu vergessen, aber nein, Apple- oder Tesla-Aktien wurden nicht geschaffen, um Geld für Investoren zu erwirtschaften – sondern als Möglichkeit für diese Unternehmen, Geld für bestimmte Bedürfnisse zu beschaffen und ihre Risiken zu teilen. Wenn das verständlich ist, eröffnen sich dir neue Perspektiven.
Und genau das werden wir in diesem Artikel behandeln.
Was wäre, wenn du ein Unternehmer wärst?
Zunächst einmal wollen wir dir etwas gönnen, wovon du vielleicht schon einmal geträumt hast: CEO eines erfolgreichen Unternehmens zu sein. Stell dir vor, du sitzt bequem in deinem Chefsessel, betrachtest das Imperium, das du aufgebaut hast, und denkst über die Reise des Unternehmens nach, das du gegründet hast. Die Zeit, in der du für die Gründung deines Startups gekämpft hast, ist längst vorbei.
Machen wir einen weiteren Sprung und gehen wir zurück zu deinen Anfängen: Die Entwicklung deines Produkts, die Mobilisierung von Ressourcen, der Aufbau deiner Infrastruktur, die Einstellung von Mitarbeitern und deren Motivation, die Bereitstellung von Kapital für das Marketing usw. Geld ist entscheidend für die Gründung und den Ausbau eines Unternehmens, und als Geschäftsführer:in musst du oft darum kämpfen, diese Mittel aufzutreiben.
Eigenkapital oder Schulden? Das ist die Frage
Warum du dich vielleicht für Fremdkapital entscheiden solltest
Es gibt hauptsächlich zwei Möglichkeiten, ein Unternehmen zu finanzieren: durch die Ausgabe von Aktien oder durch die Aufnahme von Schulden. Letzteres braucht keine Einführung, selbst für jemanden, der noch nie investiert hat (viele von uns haben Schulden: Hypotheken, Kredite usw.). Einen Kreditgeber zu finden, von dem du dir Geld leihen kannst, mit dem Versprechen, es später zurückzugeben, meist mit Zinsen – das ist das Grundprinzip von Schulden.
In der Schweiz gibt es verschiedene Arten von Kreditgebern, aber für kleine Unternehmen wird diese Rolle hauptsächlich von Banken und Finanzvermittlern übernommen. Für kleine Unternehmen ist es ziemlich schwierig, Kredite zu bekommen. Oder zumindest zu einem angemessenen Preis. Und das ist durchaus verständlich: Kreditgeber verlangen in der Regel Sicherheiten. Sie wollen wissen, wie deine Zahlungsströme aussehen, wie es um deine Finanzen bestellt ist, was du als Sicherheiten mitbringen kannst usw., um deine Fähigkeit zur Rückzahlung der Schulden zu beurteilen. Und als Startup ohne Kunden ist das, was du anzubieten hast, oft nur ein Businessplan…
Im Wesentlichen bedeutet der Besitz einer Aktie, dass die Investoren einen Teil des Unternehmens besitzen. Und wenn die Aktien mit einem Stimmrecht verbunden sind, können sie die Entscheidungen und die Zukunft des Unternehmens beeinflussen. Natürlich tragen sie auch die Risiken mit.
Aber warum es dann nicht mit Eigenkapital versuchen?
Deshalb ist die Ausgabe von Aktien für Start-ups und kleine Unternehmen oft der bevorzugte Weg zur Finanzierung ihrer Aktivitäten.
Was sind Aktien? Im Grunde genommen investiert ein Investor einen Teil seines Kapitals in dein Unternehmen und erhält im Gegenzug einen Anteil an den Erträgen und Vermögenswerten. Wenn der Investor zum Beispiel eine Aktie deines Unternehmens besitzt, an dem du 10 Aktien ausgegeben hast, hat er grundsätzlich Anspruch auf ein Zehntel der Unternehmenseinnahmen und ein Zehntel der Vermögenswerte.
Im Wesentlichen bedeutet der Besitz einer Aktie, dass die Investoren einen Teil des Unternehmens besitzen. Und wenn die Aktien mit einem Stimmrecht verbunden sind, können sie die Entscheidungen und die Zukunft des Unternehmens beeinflussen. Natürlich tragen sie auch die Risiken mit.
In der Anfangsphase eines Start-ups wird das Kapital oft von einer begrenzten Anzahl von Erstinvestoren privat gehalten: Gründer:innen, Freund:innen, Partner:innen, Mitarbeiter:innen, Business Angels, Private Equity Fonds… Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle – aber wenn das Unternehmen und die Ambitionen wachsen (z. B. wenn du mit deinem Produkt einen neuen Markt erobern willst), wird mehr Kapital benötigt. Und dann ist es normalerweise an der Zeit, an die Börse zu gehen.
Eigenkapital oder Schulden: Es gibt keine pauschale Antwort
Wie gehst du an die Börse? Indem du dein Unternehmen an die Börse bringst, durch einen so genannten IPO (Initial Public Offering). Mit einem IPO kannst du eine breitere Basis von Investoren erreichen, die die Aktien deines Unternehmens auf einem Marktplatz tauschen können.
Das hat viele Vorteile: Du kannst eine grössere Menge an Kapital für die Entwicklung deines Unternehmens aufbringen, du kannst auch einen gewissen Gewinn aus deiner ersten Beteiligung ziehen und schliesslich bekommst du eine direkte Messung der Leistung deines Unternehmens (durch den Preis deiner Aktien). Auf der anderen Seite bedeutet ein Börsengang weniger Kontrolle, mehr Arbeit, mehr Kosten und mehr Druck, Ergebnisse zu liefern!
Wenn du ein reifes Unternehmen bist, ist die Ausgabe von Aktien daher nicht immer der beste Weg, um deine Aktivitäten zu finanzieren. Vielmehr können Schulden zu deinem Vorteil sein. Erstens: Wenn dein Unternehmen gesund ist, kannst du dir Geld zu niedrigeren Kosten leihen und gleichzeitig die Kontrolle behalten (Schulden haben normalerweise kein Stimmrecht). Ausserdem bietet der Einsatz von Schulden auch steuerliche Vorteile. Aber pass auf, dass du nicht zu viele Schulden machst, sonst könnte das schwerwiegende Folgen haben.
Als erfolgreicher oder erfolgreiche Geschäftsführer:in weisst du jetzt, dass du dich unbedingt fragen musst, ob du dein Unternehmen mit Aktien oder mit Schulden finanzieren sollst.
Je nachdem, in welcher Phase sich dein Unternehmen befindet und welche Bedürfnisse du hast, kann die eine Lösung besser geeignet sein als die andere. Tatsächlich ist die Abwägung zwischen Eigen- und Fremdkapital eine heikle, aber wichtige Aufgabe.
Einige wichtige Erkenntnisse:
- Aktien sind eine Möglichkeit für Unternehmen, Geld zu beschaffen.
- Unternehmen können sich privat oder auf öffentlichen Märkten Geld beschaffen. Nicht alle Unternehmen gehen an die Börse, wie zum Beispiel IKEA.
- Der Gang an die Börse ist auch eine Möglichkeit für Gründer und Eigentümer, ihre Anteile leichter zu verkaufen. Aber es hat auch seine Kosten und Konsequenzen.
- Unternehmen können den Marktwert ihrer Aktien nutzen, um ihre eigene Leistung zu bewerten.
- Ein Unternehmen kann Aktien auch nutzen, um Mitarbeitende zu belohnen. Für kleine Unternehmen ist es oft eine günstigere Möglichkeit, sich zu finanzieren.
- Unternehmen, die börsennotiert sind, können ihre Aktien verwenden, um Übernahmen zu bezahlen.
- Die Beschaffung von Eigenkapital hat im Allgemeinen einige Nachteile: Deine Leistung wird öffentlich bewertet; wenn der Aktienkurs sinkt, wird es schwieriger, Geld zu beschaffen und Mitarbeiter:innen zu halten; eine Aktie ist in der Regel mit einem Stimmrecht verbunden. Wer also Aktien mit Stimmrecht besitzt, kann Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen.
- Eine andere Möglichkeit, Geld zu beschaffen, ist die Emission von Schulden. Dies ist oft an bestimmte geschäftliche Bedürfnisse geknüpft.
- Der Vorteil von Schulden ist, dass du die Kontrolle über dein Unternehmen nicht aus der Hand gibst.
- Ein bisschen Schulden zu haben ist für ein Unternehmen interessant, da es weniger Steuern bedeutet. Zu viele Schulden bringen dich jedoch in Gefahr.
- Damit dir jemand Geld leiht, musst du einen guten Ruf und solide Finanzen haben. Deshalb ist es für ein Start-up schwierig, Schulden zu machen (obwohl Banken vielen kleinen Unternehmen in der Schweiz Geld leihen, wie wir während der Covid-Krise gesehen haben). Die Kreditgeber verlangen in der Regel einen Einblick in die Zahlungsströme.
Wenn du das weisst, kannst du getrost wieder in die Rolle des Investors schlüpfen und dich fragen, wenn du erwägst, eine Aktie eines Unternehmens oder eine Anleihe zu kaufen: Was erwartet das Unternehmen von mir?