Die Masterclass
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Malin Borg

Vor zwanzig Jahren begann Swissnex mit der Vision, das innovative Potenzial der Schweiz zu entfalten. Heute hat sich diese Vision mit einem globalen Netzwerk, das den Austausch von Wissen, Talenten und Ideen fördert, auf die ganze Welt ausgedehnt. Wir hatten die Gelegenheit, mit Malin Borg, der Geschäftsführerin von Swissnex in Brasilien, darüber zu sprechen, wie unterschiedliche Perspektiven aus Wissenschaft, Kunst und Innovation zusammenkommen, um einen echten, positiven Wandel zu bewirken. 

Hallo Malin! Können Sie uns mehr darüber erzählen, wie Ihre Reise mit Swissnex in Brasilien begann? 

In gewisser Weise war es ein Glücksfall – was bei allem, was wir tun, sehr oft eine wichtige Rolle spielt. Ich war bereits in Brasilien, als ich zu einem Empfang im Haus des Generalkonsuls eingeladen wurde. Er stellte mir Swissnex vor und sagte, es habe etwas mit Bildung und Innovation zu tun. 

Also ging ich auf ihre Website und obwohl ich nicht ganz verstand, worum es ging, fand ich es spannend. Ich setzte mich mit der designierten Geschäftsführerin in Verbindung, die damals noch in San Francisco war, und sobald sie ankam, wurde ich als erste Mitarbeiterin hier in Rio angestellt. Von da an arbeiteten wir daran, das Büro buchstäblich aus dem Boden zu stampfen. Dann konzentrierten wir uns darauf, das Team aufzubauen und neue Projekte zu starten. Und einfach so waren drei Jahre vergangen! 

Swissnex Brazil Team
Swissnex Brazil Team

Was war der Schlüssel zum Aufbau von Swissnex in Brasilien, fast buchstäblich von Grund auf? 

Für eine Organisation wie Swissnex sind die Menschen der Schlüssel zum Erfolg. Ich hatte das Glück, eine sehr inspirierende Chefin zu haben, Gioia Deucher, die hierher geschickt worden war, um das Büro zu eröffnen. Wir haben darauf geachtet, dass wir eine Mischung aus brasilianischen und schweizerischen Mitarbeitern haben, um das Beste aus beiden Welten zu vereinen und eine Kultur zu schaffen, welche uns dabei hilft, uns in einem Umfeld zu etablieren das so anders ist als die Schweiz. 

Was war die Zusammenarbeit, die Sie am meisten inspiriert hat? 

Hier in Rio ist die Meeresverschmutzung ein grosses Problem. Zahnbürsten sind bedeutsame Umweltverschmutzer. Sie sind fast immer aus Plastik. Ein durchschnittlicher Mensch verbraucht im Laufe seines Lebens etwa 200 Stück davon. Also wollten wir die Zahnbürste neu erschaffen.  

Im Jahr 2015 organisierten wir gemeinsam mit Innovatoren, Forschern, Designern, Architekten und Ingenieuren einen Cradle-to-Cradle-Design-Workshop im Rahmen einer Zusammenarbeit mit dem Schweizer Zahnbürstenhersteller Curaprox. Sieben Jahre später – was auch zeigt, dass unsere Wirkung nicht immer sofort messbar ist – haben wir gemeinsam mit einer lokalen Universität und Curaprox die Initiative Curacycle ins Leben gerufen. Die Idee ist, Zahnbürsten zu recyceln, die in die Zahnarztpraxis zurückgebracht werden können, und gemeinsam mit einer Nichtregierungsorganisation Kunstwerke aus diesen alten Zahnbürsten zu schaffen.  

Das war der erste Schritt. Und jetzt kümmern wir uns um den zweiten Schritt – einen nachhaltigeren Kunststoff für diese Zahnbürsten zu finden. Für mich ist dies eine Geschichte, die zeigt, wie wir auf die Innovationsanforderungen von Unternehmen eingehen, die, wie in diesem Fall, sagen würden: „Wir haben versucht, eine Lösung zu finden, aber nichts ist so gut wie Plastik!“. 

Der Geist der Zusammenarbeit scheint das Herzstück von Swissnex zu sein. Wie schaffen Sie es, länder- und teamübergreifend effektiv zu arbeiten? 

Ganz gleich, wo auf der Welt wir uns befinden, wir versuchen, die Arbeit hier so menschenzentriert wie möglich zu gestalten. Als die Pandemie ausbrach, begannen wir also, mehr als Netzwerk zu arbeiten. Es wurde einfacher, sich zum Beispiel an Ihre Kollegen in Indien oder an Ihre Kollegen in Nordamerika zu wenden. Das war auch früher schon so, aber nicht in dem jetzigen Ausmass. 

Wir organisieren gemeinsam Veranstaltungen und Webinare und arbeiten regelmässig über die verschiedenen Disziplinen hinweg zusammen. Fast täglich. Und ich glaube, das macht das Netzwerk wirklich stärker. 

Brasilien ist ein extrem früher Anwender. Die Menschen sind rund 6 Stunden pro Tag am Telefon. Es gibt mehr Handys als Einwohner. Und die Menschen sind im Gegensatz zur Schweiz nicht sehr risikoscheu. Es ist also ein sehr grosser und vielfältiger Markt. 

Auf welche Indikatoren achten Sie bei der Auswertung von Projekten? 

Für uns als teilweise staatlich finanzierte Organisation aus der Schweiz ist es immer wichtig, die Zustimmung unserer Schweizer Partner zu haben. Brasilien ist normalerweise nicht das erste Ziel für eine internationale Zusammenarbeit. Oft müssen wir das Land oder die Möglichkeiten vorstellen – um zu erklären, was möglich ist und was nicht.  

Und dann müssen wir das tatsächliche Potenzial dieses Projekts bewerten. Ist es von Anfang an vielversprechend oder fühlt es sich nur mittelmässig an? Wenn es sich mittelmässig anfühlt, dann helfen in der Regel auch unsere besten Bemühungen nicht weiter.  

Und wenn es vielversprechend ist, dann erzielen wir die besten Ergebnisse, wenn wir einen starken Partner in der Schweiz und einen starken Partner in Brasilien haben, der uns hilft, die Idee umzusetzen. 

Was ist Ihre Definition von Wohlstand jenseits von Geld? 

Natürlich gehört es zum Reichtum, die finanziellen Mittel für eine gewisse Ruhe zu haben. Aber wahrer Reichtum ist für mich, die Freiheit, die Zeit und die Flexibilität zu haben, das zu tun, wofür ich mich begeistern kann. Nicht von 9 bis 5 arbeiten zu müssen, nur um Rechnungen zu bezahlen, sondern ein Leben zu führen, in dem ich mich den ganzen Tag über für das begeistern kann, was ich tue, ohne dabei Kompromisse bei meinem Privatleben eingehen zu müssen. 

Ich glaube, das wurde vernachlässigt. In der Welt, in der wir heute leben, mit all den verschiedenen Werkzeugen und Ressourcen, die zur Verfügung stehen, muss man kein Wirtschaftswissenschaftler oder Banker sein, um darüber nachzudenken, wie man Vermögen verwalten kann.  

Um über Geld und Reichtum nachzudenken, bedarf es auch eines ganzheitlicheren Ansatzes. Man muss von einer grossen Vision träumen, aber auch pragmatisch sein und wissen, wie man sie umsetzen kann. Und das erfordert in der Regel finanzielles Geschick. 

Brasilien ernährt 10% der Weltbevölkerung, steht aber auch vor grossen Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeitstechnologie – ein Bereich, in dem die Schweiz eine grosse Rolle spielen könnte.  

Welchen Rat würden Sie denjenigen geben, die Schwierigkeiten haben, ihre Ideen in erfolgreiche Projekte umzusetzen? 

Ich habe zwei Ratschläge.  

Erstens: Sorgen Sie für die richtige Mischung von Menschen. Das ist entscheidend. Ich habe in vielen verschiedenen Teams gearbeitet und viele verschiedene Startups auf die Beine gestellt. Auch einige, die nicht erfolgreich waren. Um erfolgreich zu sein, brauchen Sie kreative, leidenschaftliche Köpfe mit grossartigen Ideen. Aber genauso wichtig, wenn auch weniger glamourös, sind die Pragmatiker, die sich um die Details kümmern und sich auf die Praktikabilität konzentrieren.

Zweitens: Probieren Sie Ideen aus, bevor sie perfekt sind. Denn wenn Sie nur darüber nachdenken, wird es nie die beste Lösung sein. Sie müssen sie testen. Schweizer Startups entwickeln in der Regel ein Produkt, testen es in der Schweiz und expandieren dann vielleicht nach Deutschland oder Österreich, weil es dort bequem ist. Dann denken sie an Amerika. Oder Asien, wenn sie abenteuerlustig sind. Und dann vielleicht an Lateinamerika.

Wir sagen, dass Sie sofort global starten sollten. Brasilien ist ein extrem früher Anwender. Die Menschen sind rund 6 Stunden pro Tag am Telefon. Es gibt mehr Handys als Einwohner. Und die Menschen sind im Gegensatz zur Schweiz nicht sehr risikoscheu. Es ist also ein sehr grosser und vielfältiger Markt. 

Eine letzte Frage: Was sind die nächsten Ziele und Meilensteine für Sie und für Swissnex? 

Ich denke, ein grosser Meilenstein für Swissnex in Brasilien wäre es, die Wahrnehmung der Chancen, die Brasilien bietet, in Europa ein wenig zu verändern. Konkret haben wir zwei grosse Schwerpunktbereiche. 

Der erste ist die Zukunft der Lebensmittel. Brasilien ernährt 10% der Weltbevölkerung, steht aber auch vor grossen Herausforderungen im Bereich der Nachhaltigkeitstechnologie – ein Bereich, in dem die Schweiz eine grosse Rolle spielen könnte.  

Und das andere Thema ist die Bioökonomie – alles, was mit Kreislaufwirtschaft und Biodiversität zu tun hat. Der Amazonas-Regenwald bietet grosse Chancen. Wir sehen ein grosses Interesse bei unseren Partnern in der Schweiz und sehen eine Chance für Swissnex, die Zusammenarbeit zu erleichtern. Nicht nur, um die Lunge der Welt zu erhalten, sondern auch, um alle Möglichkeiten zu erkennen, die der Regenwald zu bieten hat.  

Wir hoffen, dass Sie diese Meilensteine bald erreichen werden. Vielen Dank, Malin! 

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